Ein Stimmungsbild von Abt Jeremias Schröder OSB, August 2015
Das ist die Frage, die mir am häufigsten gestellt wird. Keine Gründung der letzten Zeit hat ein vergleichbares Interesse geweckt. Das Antworten auf die Frage fällt aber gar nicht leicht. Da gibt es zum einen den inneren Aufbau der Gemeinschaft. Der geht voran, nicht rasant aber beständig. Der erste Kubaner hat im März 2015 Gelübde abgelegt, andere wollen ihm folgen. Auch der äußere Aufbau ist eher gemächlich; für die Baugenehmigung für unser erstes Klösterchen müssen Stellungnahmen von 7 Ministerien eingeholt werden. Da gibt es immer wieder Überraschungen – etwa wenn plötzlich erklärt wird, dass das ganze Grundstück Überschwemmungsland ist, wo überhaupt nicht gebaut werden kann. Nach monatelangen Recherchen und genaueren Analysen der Lage erweist sich das als ungefährlich, aber es hätte ein großer Stolperstein für die Gründung werden können. Die Einfuhrlizenz für einen neuen Traktor hat uns und unsere Unterstützter bald zwei Jahre lang beschäftigt. Jetzt ist das Papier endlich da, und wir können bestellen. In der Zwischenzeit haben wir schon einmal ein uraltes russisches Fabrikat aufgetrieben – immerhin, so können wenigstens erste Erschließungswege auf der Farm planiert werden. Manchmal schleppt sich alles dahin, und ist entsetzlich bürokratisch, dann kommt auf einmal wieder ein Schub nach vorne – „von oben“, und das ist hier nicht metaphysisch sondern eher politisch gemeint. Oder auch nicht, und dann zieht es sich – manchmal sehr.
„Aber jetzt ändert sich ja sowieso alles, oder?“ Am Tag meiner Ankunft war die US-amerikanische Botschaft offiziell eröffnet worden – mit Außenminister Kerry in Havanna. Das Tauwetter zwischen Havanna und Washington hat auf den Alltag bislang wenig Einfluss. In Kuba merkt man vor allem, dass noch mehr Touristen da sind. Mietautos für Überlandfahrten sind kaum zu bekommen, und die Hotels in Havanna sind voll ausgebucht. Aber man kann überall junge Leute treffen, die für sich selbst keine Hoffnung sehen und das Land verlassen wollen. Wie schmerzlich das ist, hat unsere Gemeinschaft selber gerade erlebt, als einer, der uns von Anfang an ein treuer Freund war, über Nacht mit seiner Familie nach Miami ausgewandert ist. Er wollte seinen Kindern das ständige Hoffen auf ein besseres Morgen nicht mehr zumuten.
Wenn Papst Franziskus im September nach Kuba kommt, wird er zur hiesigen Jugend sprechen. Der staatliche Jugendverband hat darum gebeten. Es soll um Zukunft und Hoffnung gehen – vielleicht der wichtigste Moment seines Besuchs auf der Insel. Hoffentlich findet er die richtigen Worte, die den jungen Menschen Zuversicht und Mut geben, sich auf die Zukunft ihres Landes einzulassen. Er wird wohl auch denen etwas zu sagen haben, die diese Zukunft bestimmen wollen.
Die Anwesenheit von uns Benediktinern ist auch so ein kleines Zeugnis der Hoffnung auf Zukunft in Kuba. Wir wollen hier leben und etwas aufbauen. Unser erstes Gelübde ist Stabilität. Wir haben vielen Ländern die Treue gehalten, in guten wie in schlechten Tagen. 127 Jahre in Tanzania waren nicht immer leicht, aber durch unsere Beharrlichkeit, die manchmal an Sturheit grenzt, sind wir Teil des Landes geworden und dort nicht mehr wegzudenken. Vielleicht gelingt uns das hier auch. Die Last dieser Beharrlichkeit tragen unsere Mitbrüder vor Ort. Ich selbst habe das Privileg, dass ich sie immer wieder besuchen darf, in einem Land, das mir – jenseits der romantischen ersten Begeisterung – immer mehr ans Herz wächst. „Die Leute freuen sich immer, wenn Du kommst. Dass überhaupt jemand immer wieder kommt, ist für sie ein Geschenk!“ sagte mir unser Prior neulich.